Haiti: Wettlauf gegen die Zeit

Ein Monat nach dem Erdbeben kündigt sich die Regenzeit an / Unterkünfte und Sanitäranlagen sind jetzt lebenswichtig

 

Einen Monat nach dem katastrophalen Erdbeben liefern sich CARE und andere Hilfsorganisationen ein Rennen gegen die Zeit. Bevor Ende März die Regenzeit beginnt, brauchen die Menschen dringend wasserfeste Unterkünfte und ein Minimum an sanitären Vorrichtungen. Sie leben momentan in überfüllten Camps unter Bettlaken, die von Ästen und Stäben gehalten werden. Das reicht gerade, um sich vor der Sonne zu schützen, aber die gewöhnlich sehr starken Regenfälle werden diese Notunterkünfte buchstäblich wegspülen.

“Die Menschen benötigen dringend wasserfeste Unterkünfte. Viele von ihnen bekommen jetzt Atemwegserkrankungen, denn sie müssen auf dem nackten, feuchten Boden schlafen“, erklärt Lizzie Babister, die CARE-Expertin für Notunterkünfte in Haiti.

Zelte erscheinen zwar auf den ersten Blick als die logische Hilfsmaßnahme. Aber es fehlt in Port-au-Prince an Platz, die Notunterkünfte stehen eng aneinander gedrängt. “Ein Familienzelt hat eine Oberfläche von 16m2, das ist viermal so viel Platz, wie derzeit für eine Familie vorhanden ist”,sagt Babister. “Wenn wir also jetzt Zelte in der Innenstadt von Port-au-Prince verteilen, werden Dreiviertel der Menschen vertrieben. Eine kurzfristige Lösung sind deshalb nicht Zelte, sondern Plastikplanen. Wir brauchen viele davon, und wir benötigen sie schnell.” Plastikplanen von 6x4 Metern Durchmesser können innerhalb von Tagen nach Haiti geliefert werden. Das wird die Menschen trocken halten, während die Hilfsorganisationen an langfristigen Lösungen arbeiten.

Einen Monat nach dem Erdbeben ist mangelnde Hygiene die zweite drohende Krise in Haiti. Weil Abflusssysteme fehlen, sammeln sich neben den Camps die Exkremente. „Wir bauen Latrinen in den Camps, aber wir arbeiten auch mit Tanks, die die Exkremente absaugen. Das hilft vor allem den Menschen, die in Lagern am Hang leben und keinen Zugang zu Latrinen haben“, beschreibt Paul Shanahan, der Wasser- und Sanitärexperte von CARE die derzeitige Situation. „Das ist nicht appetitlich, aber es muss erledigt werden.“

„Es ist schon eine unbeschreibliche Tragödie, wenn die Hälfte der Familie bei dem Erdbeben ums Leben kommt. Aber wenn dann noch die andere Hälfte langsam und schmerzhaft an Durchfall und mangelnder Hygiene stirbt, dann ist das mehr, als ein Mensch ertragen kann“, warnt Shanahan.

CARE baut 3.000 Latrinen, verteilt Hygiene-Kits mit Seife und Handtüchern und bietet Hygieneaufklärung in den Camps an. In den kommenden Wochen sollen 42.500 Menschen eine Notunterkunft erhalten.

Obwohl die logistischen Herausforderungen dieser Katastrophe enorm sind, kommt die Hilfe in Haiti an. Bis heute hat CARE rund 185.000 Menschen mit Nahrung, Trinkwasser, Unterkünften, Sanitäranlagen und Gesundheitsvorsorge für Schwangere und junge Mütter erreicht. Aber es bleibt viel zu tun. Im Juni beginnt dann die Saison der Wirbelstürme, die regelmäßig große Zerstörung und Überflutungen mit sich bringt. Ein weiteres Rennen gegen die Zeit.