Jemen: Eine humanitäre Krise im freien Fall

Anlässlich der 73. UN-Vollversammlung fordert CARE gemeinsam mit neun Hilfsorganisationen, der Lage im Jemen die dringend benötigte Aufmerksamkeit, den politischen Druck für eine friedliche Lösung und die notwendige Hilfe zukommen zu lassen. Trotz erheblicher Anstrengungen, den Konflikt zu einem Ende zu bringen, geht die größte humanitäre Krise der Welt bereits in ihr viertes Jahr. Vertreibung, Hunger und Krankheit - das Leid der jemenitischen Bevölkerung wird immer dramatischer. Ohne ein Ende der Kämpfe ist keine Besserung in Sicht.

 

Immer intensivere Kämpfe, drohen das Land weiter in die völlige Zerstörung zu treiben: Die Eskalation rund um die Hafenstadt Hodeidah bringt Zivilisten in Gefahr und stellt die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern, wie Treibstoff, Nahrungsmittel und medizinische Güter, infrage. Das Leben von Millionen jemenitischer Frauen, Kinder und Männer hängt unmittelbar davon ab.

Die Zivilbevölkerung ist am meisten betroffen: Wie die UN-Expertengruppe für den Jemen berichtet, werden auf beiden Seiten des Konfliktes weiterhin Zivilisten und zivile Infrastruktur, wie Märkte, Krankenhäuser, Schulbusse und Getreidemühlen zum Ziel von Angriffen. Besonders die Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser gehen unvermindert weiter. 1.800 Schulen sind direkt betroffen, 1.500 davon wurden beschädigt oder zerstört, 21 werden von bewaffneten Gruppen für ihre Zwecke benutzt.

Eine verlorene Generation jemenitischer Kinder: Als direkte Konsequenz der Kämpfe, der Angriffe auf Schulen und der Vertreibung von Familien bleibt zwei Millionen Kindern und Jugendlichen der Schulbesuch auf unbestimmte Zeit verwehrt.

60 Prozent der Bevölkerung vom Hunger bedroht: Die Lebensmittelversorgung von 17,8 Millionen Menschen ist gefährdet und 8,4 Millionen von ihnen leiden an Hunger. Allein 4,2 Millionen Kinder sind akut betroffen. Ihr Leben ist teils direkt durch die Unterernährung bedroht, teils sind es an sich heilbare Krankheiten wie Lungenentzündung oder Cholera, die aufgrund der geschwächten Immunabwehr schnell lebensbedrohlich werden. Dabei hat die Unterernährung hat ganz konkrete weitreichende Folgen. Bereits heute weist jedes zweite Kind Zeichen von körperlicher oder kognitiver Unterentwicklungen auf. Ihnen fehlen die Nährstoffe, die sie zum Wachsen und Lernen benötigen.

Die Wirtschaft am Abgrund: Eine ohnehin schon schwache Wirtschaft wird von der letzten Abwertung des jemenitischen Rial schwer getroffen. Immer weniger Menschen können sich Nahrungsmittel und Arzneimittel leisten – viele müssen zwischen den beiden wählen.

Der andauernde Konflikt nimmt Millionen Menschen ihre Lebensgrundlage. Über 1,2 Millionen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes haben seit 2 Jahren kein Gehalt mehr bekommen.

Der Zugang zu den Hilfsbedürftigen bleibt schwierig: Während viele Häfen, vor allem Hodeidah, unsicher oder nur begrenzt zu erreichen sind, ist der Flughafen der Hauptstadt Sana‘a bereits seit August 2016 geschlossen. Die kürzlich beschlossene „Medizinische Luftbrücke“ ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, sie bleibt jedoch weit hinter den Bedürfnissen zurück.

1,4 Millionen Menschen sind in schwer zu erreichenden Regionen von jeglicher lebenswichtigen Versorgung abgeschnitten – 200.000 mehr als noch im Februar dieses Jahres. Die Kämpfe der letzten Monate haben hunderttausende in die Flucht getrieben, davon fast 500.000 Menschen, die seit Juni 2018 vor den Auseinandersetzungen in Hodeidah flüchteten.

Die internationale Gemeinschaft muss den Druck auf alle Konfliktparteien erhöhen, damit diese: 

  • ihren Verpflichtungen nach dem internationalen humanitären Recht nachkommen und vor allem unmittelbare Maßnahmen zum Schutz der Kinder ergreifen.
  • den humanitären Zugang und Handel von lebenswichtigen Gütern ermöglichen.
  • gemeinsam mit allen Konfliktparteien eine nachhaltige, friedliche und umsetzbare politische Lösung finden, die Frauen, Jugendliche, Minderheiten und die Zivilgesellschaft miteinbezieht.

Alle Konfliktparteien müssen ihren Kamphandlungen jetzt ein Ende setzen, einem Waffenstillstand zustimmen und in gutem Willen mit dem UN Sonderbeauftragten Martin Griffith zusammenarbeiten.

Unterschrieben von:

Action Against Hunger (ACF)

Adventist Development and Relief Agency (ADRA)

CARE

Global Communities

Islamic Relief Worldwide

Norwegian Refugee Council (NRC)

Relief International

Save the Children

War Child

ZOA